Difficult here

Rom, Italien

Difficult here

Von André Boße

Illustration_Christoph-Kienzle

Illustration: Christoph Kienzle

Ein Open-Air am Stadtrand von Rom. Die Busfahrt vom Hotel zum Gelände war eine komplizierte Sache. Liniennetzpläne hält man für überbewertet in der Ewigen Stadt. Gegen elf Uhr endet das Konzert, es war ein langer Tag, ich bin erschöpft. Mit dem Bus zurück ins Hotel? „Fahren längst nicht mehr“, sagt ein Ordner. „Taxi?“, frage ich. „Difficult here“, nuschelt er.
„Schwarzseher!“, denke ich. 10.000 Leute müssen nach Hause, viele von ihnen haben ordentlich getrunken, Busse fahren nicht mehr – natürlich muss es hier reichlich Taxen geben. Ein paar Minuten später brettern 5.000 Vesparoller an mir vorüber – auf ihnen 10.000 zumeist junge Römer. In Windeseile ist die Gegend wie ausgestorben. Ich laufe los, frage jeden, den ich treffe: „Taxi?“ Schulterzucken. Nach einer halben Stunde endlich eine Bar. „Taxi?“ Mitleidige Blicke. Einer kann Englisch: „Difficult here.“
Ich nehme ein Peroni auf die Hand, finde draußen eine Taxisäule. „Taxi!“, flehe ich in den Hörer. Eine Stimme antwortet, sie rattert, wie früher die Stimmen bei Anrufen in die DDR. Ich verstehe kein Wort, phantasiere mir ein „Direzione?“ zusammen. Stimmt, die müssen ja wissen, wo ich bin, denke ich. Auf der Säule findet sich kein Hinweis. „Attentione“, sage ich, weil es das einzige Wort ist, das mir spontan einfällt, laufe los, finde ein Straßenschild, laufe zurück. „Via Vulacono! Taxi!“, schreie ich in den Hörer. Der Knatterstimmen-Mann legt auf. Ich warte. Zehn Minuten. 15 Minuten. Nach 30 Minuten kommt ein Wagen. „Grazie“, sage ich – und denke: „Difficult here.“