Yangon, Myanmar
Burma Dreamin’
von Peter Gaide
Aufruhr am Flughafen von Yangon. Der Grund sind wir, Passagiere eines Flugs aus Bangkok, die den Transitbereich verlassen. Feucht und heiß ist es. Ein Schwarm Männer in karierten Wickelröcken umschließt uns. Einer schiebt sich souverän nach vorne, in einer Hand einen Schreibblock. Fahrt in die Innenstadt? 7000 Kyat, fast 7 Euro. Der Bleistift kratzt über das Papier, hinterlässt ein dunkelgraues geschwungenes Schriftzeichen. Das Zeichen bin ich. Ich wurde einem Taxifahrer zugeteilt.
Die Straßen sind nicht beleuchtet. Ich lasse mich in einen Traum hinein fahren. Ein dunkler, staubiger Traum, in dem Dinge und Menschen plötzlich wie Geister aufleuchten und binnen zweier Atemzüge wieder in der Schwärze der Nacht zu zerfließen scheinen: Ein bollerndes Moped, das wir überholen, darauf eine dreiköpfige Familie. Buddhistische Mönche am Straßenrand, geschart um einen Kessel, unter dem ein Feuerchen lodert. Ein rappelvoller Bus, in dessen hell erleuchtetem Innenraum Männer und Frauen dicht an dicht stehen wie exotische Schaufensterpuppen. Ihre Gesichter entspannt und fein.
„Rock-Music?“, fragt mein bescheiden, höflich und neugierig wirkender Fahrer. Später werden wir über seine Familie reden, seine Hoffnungen, die sich anbahnende Demokratisierung des Landes. Ich werde seinen Optimismus spüren, der sich so gut anfühlt wie der erste Schluck Kaffee am Morgen.
„Rock-Music?“ Ich nicke. Stolz lächelnd zaubert er einen portablen DVD-Spieler aus dem Handschuhfach, fixiert ihn auf dem Armaturenbrett. Der Livemitschnitt einer Band. „Iron Cross“, erklärt mein Fahrer. „Best band of Myanmar.“ Ich lausche, verstehe kein Wort, aber kenne die Melodie: „California Dreamin’“.